Hedging mit Derivaten? Funktioniert Hedging?

Funktioniert Hedging mit Derivaten? Das Hedgen einer Position mit der Gegenrichtung klingt so verführerisch wie unsinnig, legendar, sagen- und mythenumwoben, für manche Trader auch wie eine Chimäre. Dieses Fabel-Mischwesen trifft es vielleicht am ehesten: Hedgen kann so nützlich wie schädlich sein. Hedgefonds verdienen manchmal Milliarden, gehen manchmal pleite und ziehen manchmal Banken und Volkswirtschaften mit in den Abgrund. Unter Derivatetradern existiert eine Hedge-Subkultur, die das geheimnisvolle Wort “Revelator” für ihre Konstruktionen nutzt.

Revelator? Also “Offenbarer”?

Wer das Wort erstmals für Hedging-Systeme mit Derivaten oder binäre Optionen eingesetzt hat, ist leider nicht bekannt. Ein deutscher Tradingservice wandte solche Systeme auf den Dax zu Beginn der 2000er Jahre an und gab sie wieder auf. Das Grundprinzip ist schnell erklärt: Zu jeder Position wird nicht nur ein Verlustbegrenzungsstopp, sondern auch ein Kaufstopp für die Gegenrichtung gebucht. Läuft die zuerst eröffnete Position, egal ob CFD oder binäre Optionen, in den Verlust, verdient zwischenzeitlich die Gegenposition. Ist das nicht bestechend? Nie wieder Verluste, stattdessen höchste Effizienz, weil jeder Punkt der Bewegung mitgenommen wird! – Wer das liest, kratzt sich nach einigen Sekunden der Begeisterung am Kopf und fragt sich: Was aber, wenn die erste Richtung wieder aufgenommen wird? Hedging mit Derivaten? Wenn der Hedge nur aufgrund eines Rückschlags in einem an sich intakten Trend gebucht wurde? Dann neutralisiert sich doch das System? Wann also geben wir den Hedge auf?

Hedging mit Derivaten? Wer kommt auf solche Ideen?

Zu jedem Tradingansatz gehört eine Philosophie. Die des Revelators oder eines Hedgefonds lautet: Wir glauben weder an Fundamentalanalyse noch an Charttechnik, die Kurse machen eh, was sie wollen. Die Prämisse lautet daher:

  • Wir wissen nicht, wohin sich ein Kurs bewegt, wie weit die Bewegung reicht, wann sie beginnt und endet (alles Dinge, welche die Technische Analyse glaubt berechnen zu können).
  • Wir wissen stattdessen zu 100 Prozent zwei Dinge: 1. Die Kurse bewegen sich hin und her. 2. Sie tun dies mit unterschiedlicher Ausdehnung.

Immerhin: An der Börse etwas zu 100 Prozent zu wissen, das ist doch schon etwas. Oder nicht?

Was sich so einleuchtend liest, ist in Wahrheit die Ausgeburt eines verzweifelten Geistes, der das ewige Ausstoppen, die Crashs und Kaufblasen einfach satthatte. Es gibt eine Menge solcher Theorien in der Gesellschaft und folglich auch an der Börse, schließlich gibt es auch Menschen, die an UFOs, Außerirdische und an Homöopathie glauben. An der Börse gibt es unter anderem den Mythos des “Stoppfischens” (jemand kennt meine Stopps und führt den Kurs gezielt dorthin, um ihn dann drehen zu lassen). Doch an der Börse bleibt den Tradern nichts anderes übrig, als eine Spekulation über die Richtung des Kurses vorzunehmen. Diese Spekulation bewahrheitet sich, wenn der Kurs Kaufstopps erreicht. Da es sich um eine Spekulation – also nichts Sicheres – handelt, müssen Verlustbegrenzungsstopps gesetzt werden. Deshalb kann und wird ein Derivatetrader durchaus in beide Richtungen handeln, er kann sogar einen “Hedge” am besten als untergewichtete Position in die Gegenrichtung der vermuteten Hauptrichtung platzieren. Doch ein absolutes Hedging gibt es definitiv nicht, denn solche Systeme würden sich bestenfalls neutralisieren. In Wahrheit verursachen sie aber permanente Miniverluste durch den fortlaufenden, nötigen Stopploss- und Kaufstoppabstand sowie durch Spread und Gebühren. Vorsicht, meine Damen und Herren, war noch immer die Mutter der Porzellankiste.