Im Januar 2015 stürzten an der Schweizer Börse die Aktienkurse ab. Der Hintergrund ist bekannt: Der SNB-Präsident Thomas Jordan (Schweizer Nationalbank) verkündete am 15. Januar – mitten im Vormittagsgeschehen der Schweizer Börse – die Freigabe des Frankenkurses gegen den Euro, der im Jahr 2011 auf eine Grenze von 1,20 festgezurrt worden war. Minuten später gewann der Franken gegen den Euro rund 20 %, die beiden Währungen standen fortan pari gegeneinander (Kurs 03.03.15: 1,07 Franken für einen Euro), die Schweizer Aktienkurse jedoch fielen rasant in den Keller. Der Absturz ließ Kommentatoren kurz darauf von einem „Schwarzen Donnerstag“ reden.
Nervöse Schweizer an der Schweizer Börse
Das Wortspiel ist wörtlich gemeint: In Wahrheit wurden nur die Schweizer Aktienhalter nervös und verkauften, was das Zeug hielt. Fast wie der Franken gegen den Euro zulegte – um rund 20 % – verloren die Schweizer Aktien an Wert, nämlich im Durchschnitt 15 %. Marktbeobachter bescheinigten dem Markt pure Nervosität und dabei höchste Ineffizienz. Der Frankenschock führte zu einer psychologischen Preisbildung an der Schweizer Börse, die mit den immanenten Werten der Aktien nicht mehr viel zu tun hatte. Wenn eine Verkaufswelle einsetzt, wollen plötzlich so gut wie alle Akteure verkaufen: Das klassische Crash-Szenario setzt ein. Jedoch griffen beherzte Aktienkäufer kurz danach wieder zu und kauften die fortan unterbewerteten Aktien. Auch das waren Schweizer, denn die Deutschen und andere Europäer, die Aktien in Frankenwerten an der Schweizer Börse gehalten hatten, verloren durch die Aufwertung des Franken praktisch nichts, im Gegenteil. Der Nettogewinn durch Frankenaufwertung versus Aktienabwertung betrug im Durchschnitt für Euroanleger fünf Prozent.
Erholung der Schweizer Aktien
Die Psychologie funktioniert an der Börse in beide Richtungen, denn die Schweizer Aktien haben sich inzwischen wieder gut erholt. Der SMI (Schweizer Leitindex) war immerhin nach dem 15. Januar von 9.200 auf 8.000 Punkte abgerutscht, hat aber inzwischen wieder die 9.000 Punkte erreicht. An der Kurssteigerung sind auch die multinationalen Konzerne in diesem Index beteiligt, darunter der Nahrungsmittelriese Nestlé sowie die Pharmakonzerne Novartis und Roche, die auf der ganzen Welt unterwegs sind. Ihre Umsätze wie ihre Produktion findet zu einem Großteil im Ausland statt, was das Währungsrisiko beträchtlich absichert. Nur die Frankenumrechnung verursacht nun einen kleinen Dämpfer, der aber die Margen nicht beeinträchtigt. Es gibt natürlich auch Unternehmen wie Swatch, die teuer in der Schweiz produzieren lassen und ihre Erzeugnisse im Ausland mit dem Label “Swiss Made” vermarkten, diese Firmen litten kurzfristig unter der Frankenstärke. Inzwischen ist aber auch die Swatch-Aktie an der Schweizer Börse wieder auferstanden.
Rückkopplung von der Börse zur Wirtschaft
Die Stimmung an der Schweizer Börse hat dennoch auf die Wirtschaft des Alpenstaates durchgeschlagen. Das Währungspaar EUR/CHF dürfte sich auf einen Kurs zwischen 1,00:1,05 bis 1,00:1,10 einpendeln. Es könnte für lange Zeit beinahe Parität herrschen, wie es in der Eurokrise 2010/2011 schon einmal der Fall gewesen war, bis die SNB die Notbremse bei 1,00:1,20 gezogen hatte. Der Druck auf die Schweizer Exportwirtschaft und auch den Tourismus bliebe damit erhalten, zudem haben vor allem kleinere Unternehmen ihre Investitionen zurückgefahren. Geschuldet sei das dem Frankenschock an der Schweizer Börse, das glauben zumindest viele Experten. In diesem Fall wirkt der Minicrash von Januar in der Wirtschaft nach, es geschieht das Gegenteil des sonst Üblichen. Meistens partizipiert die Börse die Wirtschaftsentwicklung, dieses Mal tritt offenbar das Gegenteil ein. Die Stimmung in der Schweizer Wirtschaft hat sich seit Januar signifikant eingetrübt, wie die Konjunkturforschungsstelle der Zürcher ETH vermeldet. Sie gibt das KOF-Konjunkturbarometer heraus, das im laufenden Quartal um sechs Punkte sank – seit 2011 ist das der stärkste Rückgang in diesem Gradmesser für wirtschaftliche Aussichten in der Schweiz. Die Börse hätte damit einen echten wirtschaftlichen Effekt nur aufgrund psychologischer Verwerfungen verursacht.